Prüfung eines Vollendeten Delikts

I. Tatbestand

A. Objektiver Tatbestand

  1. Tathandlung
  2. Taterfolg
  3. Kausalität (nach der conditio sine-qua-non Formel)
  4. Objektive Zurechenbarkeit (Schaffen und Realisieren eines rechtlich missbillendem Risikos)
  5. Zusatzqualifikationen (wenn nötig)

B. Subjektiver Tatbestand

Im subjektiven Tatbstand, wird der Vorsatz geprüft:

    • Willenselement ist dominant
    • Wissenselement hat nur minimale Anforderungen
    • Kommt es dem Täter auf den Erfolgseintritt an, so ist es unerheblich ob er sich diesen nur als möglich oder als sicher vorstellt

    • Dominantes Wissenselement
    • Zu bejahen, wenn der Täter weiß oder als sicher voraussieht, dass sein Handeln zum Erfolg führt

    • Der Täter muss es für ernstlich möglich halten, dass seine Handlung den Tatbestand erfüllt
    • Des weiteren, muss er sich damit auch abgefunden haben
    • → "Na und? Dann passiert es eben!"
    • Achtung: Abgenzung zur
      • Gemeinsamkeiten:
        • Täter hält den Eintritt für möglich
      • Unterscheidung:
        • Beim Eventual Vorsatz, findet der Täter sich damit ab
        • Bei der bewussten Fahrlässigkeit, hofft der Täter auf einen günstigen (Ausbleiben des Erfolgs) Ausgang
      1. Möglichkeitstheorie [rein kognitive Theorie]
        • Dolus Eventualis (+), wenn der Täter von der Möglichkeit einer Rechtsgutverletzung wusste und dennoch handelte
        • Kritik:
          • Geht zu weit, da sie den Vorsatz zu weit in die bewussten Fahrlässigkeit zieht
          • verkennt: Vorsatz = Wissen + Wollen
          • → zu verneinen
      2. Wahrscheinlichkeitstheorie [rein kognitive Theorie]
        • Dolus eventualis (+), wenn der Täter RG-Verletzung für wahrschenlich hielt (wahrschenlich = mehr "möglich" als "überwiegend wahrscheinlich")
        • → enger als die Möglichkeitstheorie
        • Kritik:
          • keine klare Grenzziehung zwischen "möglich" und "überwiegend wahrschenlich" möglich
          • → zu verneinen
      3. Gleichgültigkeitstheorie [konitiv-voluntative Theorie]
        • Dolus Eventualis (+), wenn der Täter die RG-Verletzung aus Gleichgültigkeit hinnahm
        • Kritik:
          • zu eng, da sie nur ein kleinen Teil eines großen Problemkomplexes erfasst
          • → zu verneinen
      4. Ernstnahmetheorie (h.L.) [kognitiv-voluntative Theorie]
        • Dolus Eventualis (+), wenn der Täter die RG-Verletzung für ernstlich möglich hielt und sich damit abfindet
      5. Billigungstheorie (h.M.) [kognitiv-volunatative Theorie]
        • Dolus Eventualis (+), wenn der Täter die RG-Verletzung für möglich hielt, diesen jedoch billigend in Kauf nahm
        • → in Klausur zu folgen (vertreten durch BGH)

Sollte der Vorsatz verneint werden, kann immer noch eine fahrlässige Tat vorliegen. Dabei ändert sich die Prüfung folgendermaßen...



II. Rechtswidrigkeit

A. Notwehr nach §32 StGB

1. Prüfung

  1. Es muss ein rechtswidriger gegenwärtiger Angriff vorliegen.


    1. Abwehrhandlung
      Die Abwehrhandlung muss gegen den Angreifer gerichtet sein
    2. Geeignetheit
      Die Handlung muss dazu geeignet sein, den Angriff abzuwehren oder jedenfalls die drohende Rechtsgutverletzung zu verringern
    3. Erforderlichkeit
      • Die Abwehrhandlung muss muss das relativ mildeste Mittel darstellen
      • Hierbei ist dasjenige Verteidigungsmittel zu wählen, das bei gleicher Wirksamkeit den geringsten Schaden anrichtet
      • Der Angegriffene muss sich nicht auf das Risiko einer nur unzureichenden Abwehrhandlung einlassen
    4. Gebotenheit
      • "Sozialethische" Einschränkungen des Anwendungsbereich der Notwehr bei bestimmten Fallgruppen
      • Insbesondere: Krasses Missverhältnis, Angriffe offensichtlich schuldloser Handelnder (Irrende, Kinder, Betrunkene), enge persönliche Beziehungen (Familie), Notwehrprovokation

  2. → Anforderungen an das Subjektive Rechtfertigungselement streitig:

    1. Objektive Theorie
    2. Kenntnistheorie
    3. Willenstheorie
    4. → Rechtsfolge bei fehlendem Verteidigungs- bzw. Nothilfewillen?

      1. Versuchslösung
        Der Täter wird nach den Grundsätzen des Versuchs bestraft
      2. Vollendungslösung
        Der Täter wird wegen vollendetem Delikt bestraft.


    • Nothilfe ≠ Notwehr
    • Angriff muss menschlich sein (Ausnahme: Antizipierte Notwehr)
    • Notwehr gegen nOtwehr nicht möglich!
    • Verteidigungshandlung muss sich gegen den Angreifer richten
    • Erforderlichkeit = Weit (Das Recht muss dem Unrecht nicht weichen; scharfes Schwert der Notwehr)
    • Gebotenheit immer beachten
      • Fallgruppen lernen
      • Lösung: Notwehr (-) oder Drei-Stufen-Lösung
    • Subjektives Element ist umstritten (aber mind. Notlagekenntnis)
    • Häufigsten Klausurschwerpunkte: Erforderlichkeit und Gebotenheit


B. Notstand nach §34 StGB

Die Rechtfertigungsgründe des BGB (§228 & §904) sollten zuerst geprüft werden. Durch ihre Spezialität ist im Falle ihrer Bejahung keine eigen Erläuterung des §34 StGB notwendig, ein Verweis auf die Spezialität genügt.

1. Prüfung des Defensiven Notstandes §228 BGB

  1. Gegwärtige Gefahr, die von einer Sache ausgeht (auch Dauergefahren)


    1. Beschädigung oder Zerstörung einer Sache
      → Sache von der die Gefahr ausgeht
    2. Erforderlichkeit (geeignetes + mildestes Mittel)
    3. Interessenabwägung: Schaden steht nicht außer Verhältnis zur Gefahr

  2. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände und Handeln zur Gefahrenabwehr


2. Prüfung des Aggresiven Notstandes §904 BGB

    1. Gefahr für irgendein Rechtsgut droht; gleichgültig, ob von Menschen oder Sachen ausgehend; wem sie droht; Gefahr geht nicht nicht von der fremden (beeinträchtigten) Sache aus!
    2. Gefahr ist gegenwärtig (entspricht Notstandslage des §34 StGB)

    1. Einwirkung auf eine fremde Sache (Beschädigen/ Zerstören)
    2. Notwendigkeit (entspricht der Erforderlichkeit des §34: geeignetes + kein milderes Mittel)
    3. Interessenabwägung: Schaden wäre objektiv unverhältnismäßig groß gegenüber dem durch die Notstandshandlung entstehenden Schaden

  1. Kenntnis der rechtfertigenden Umstände und Handeln zur Gefahrenabwehr


3. Prüfung des §34 StGB

  1. Es muss eine gegenwärtige Gefahr vorliegen (auch Dauergefahren)


    1. Geeignetheit
    2. Erforderlichkeit
      • Die Abwehrhandlung muss das realativ mildeste Mittel darstellen
      • Achtung: Ausweichmöglichkeiten müssen auch ergriffen werden!
    3. Interessenabwägung
      • Das geschützte Interesse muss das beeinträchtigte "wesentlich" überwiegen
      • Abwägungskriterien beachten!
    4. Angemessenheit

  2. Die Notstandslage muss einen Abwehrwille zur Grundlag haben


    • Notstandslage = Gegenwärtige Gefahr (= weiter als Notwehrlage)
    • Keine Gebotenheitsprüfung
    • Interessenabwägung asl zentraler Punkt
    • Angemessenheit asl "quasi" Gebotenheit
    • Spezielle Notstandsregelungen bei der Beschädigung/ Zerstörung von Sachen

4. Einwilligung

  1. Das tatbestandsauschließende Einverständnis wird immer relevant, wenn der schon der TB oder der Sinn und Zweck ein Handeln gegen den Willen des Berechtigten verlangt. Liegt ein solches Einverständis vor, ist schon der objektive TB nicht erfüllt. Es handelt sich hierbei also nicht um einen Rechtfertigungsgrund. Beispiele:

    • §123 StGB (Hausfriedensbruch): Eindringen bedeutet wie schon dargelegt, Betreten gegen den Willen des Berechtigten
    • §242 StGB (Diebstahl): Wegnahme, also der Bruch fremden und die Begründung neuen Gewahrsams liegt nur vor, wenn der Gewahrsamswechsel gegen den Willen des Berechtigten erfolgt

    → Bei Tatbeständen, die kein Handeln gegen den Willen des Berechtigten verlangen, kann die Einwilligung des Betroffenen einen Rechtfertigungsgrund darstellen (zb im Falle des §223 StGB)


  2. I. Objektive RF-Elemente

      • Das gefährdete RG muss disponibel sein
      • Def.: Ein RG ist dann disponibel, wenn der Inhaber frei darüber verfügen kann.
      • Alle Individualrechtsgüter (bis auf das menschliche Leben; arg. §216 StGB) sind disponibel.
      • RG der Allgemeinheit sind nicht disponibel

      • Bei Eingriffen in die körperliche Integrität darf die Tat den Rahmen der guten Sitten überschreiten (gem. §228 StGB)
      • Nicht die Einwilligung sondern die Sittenwidrigkeit der Tat ist maßgeblich

      • Der Einwilligende muss der Inhaber des betroffenen RG sein
      • Dritte Personen (Vertreter) müssen zur Disposition über das RG befugt sein

      • Der einwilligende muss eine hinreichende Einwillungs- und Urteilsfähigkeit besitzen
      • Dabei wir nicht auf die Geschäftsfähigkeit abgestellt

      • Die Einwilligung muss vor der Tat ausdrücklich erklärt werden oder konkludent zum Ausdruck gebracht werden
      • Die Einwilligung ist bis zur Tat frei widerruflich, spätere Genehmigungen sind irrelevant

      • Es dürfen keine wesentlichen, entscheidungserhebliche Willensmängel vorliegen (zb. Täuschung, Drohung, Gewalt, etc.)
      • Wenn ein Willensmängel vorliegt:
      • → Einwilligung (-)

    II. Subjektives RF-Elemente

    Der Täter muss subjektiv in Kenntnis einer Einwilligung handeln


    • eigenständiger, gewohnheitsrechtlich anerkannter REchtfertigungsgrund
    • dann (+), wenn ausdrückliche Einwilligung nicht eingeholt werden kann (zb. OP nach Unfall an einem bewusstlosen) der RG Inhaber, vermutlich jedoch einwilligen würde
    • ist subsidiär zur ausdrücklichen Einwilligung

    I. Objektive RF-Elemente

      • Das gefährdete RG muss disponibel sein
      • Def.: Ein RG ist dann disponibel, wenn der Inhaber frei darüber verfügen kann.
      • Alle Individualrechtsgüter (bis auf das menschliche Leben; arg. §216 StGB) sind disponibel.
      • RG der Allgemeinheit sind nicht disponibel

      • Bei Eingriffen in die körperliche Integrität darf die Tat den Rahmen der guten Sitten überschreiten (gem. §228 StGB)
      • Nicht die Einwilligung sondern die Sittenwidrigkeit der Tat ist maßgeblich

      • Der Einwilligende muss der Inhaber des betroffenen RG sein
      • Dritte Personen (Vertreter) müssen zur Disposition über das RG befugt sein

      • Der einwilligende muss eine hinreichende Einwillungs- und Urteilsfähigkeit besitzen
      • Dabei wir nicht auf die Geschäftsfähigkeit abgestellt

      1. Subsidiarität
        • → Die ausdrückliche Einwilligung kann nicht abgewartet werden
      2. Übereinstimmung mit dem mutmaßlichen Willen
        → Feststellung des hypothetischen Willens des Rechtsgutträgers
        • Einzelfall abhängig
        • Mögliche vorher abgegeben Aussagen müssen berücksichtigt werden
        • Täterverhalten muss objektiv im Interesse des Einwillungsberechtigten liegen
        • Wenn keine Anhaltspunkte zur Personenbezogenen Auslegung der mutmaßlichen Einwillung vorhanden sind, ist eine Sicht eines objektiv, vernünftigen Beobachters maßgeblich
        • Übereinstimmung entbehrlich bei mangelndem Interesse

    II. Subjektive RF-Elemente

    Der Täter muss subjektiv in Kenntnis einer Einwilligung handeln



III. Schuld

A) Schuldausschlussgründe

I. §17 StGB

  1. Felehndes Unrechtsbewusstsein: Täter erkennt nicht, dass sein Handeln rechtlich verboten ist
  2. Unvermeidbar: Wenn der Täter trotz Anstrengung all seiner inividuellen Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten nicht das Unrechtsein seines Handeln erkennen kann
    • Vermeidbar, wenn:
      • Der Irrtum durch Nachdenken zu erkenn war
      • Wenn möglich Rechtsrat eingeholt wurde (auf kompetenten REchtsrat darf vertraut werden)
      • Sonstige Auskünfte (zB: Google, etc.)
    • Unvermeidbar, wenn:
      • Die oben genannten Punkte nicht zutreffen
      • Bei ungeklärter Rechtslage ein abwarten unzumutbar wäre

II. §19 StGB

III. §20 StGB

B) Entschuldigungsgründe

I. §33 StGB (Notwehrexess)

II. §35 StGB (Entschuldigende Notstand)

  1. Notstandslage:

  2. Notstandshandlung
    1. Geeignetheit und Erforderlichkeit
      • Die Gefahr darf nicht anders (mit milderen/ gerechtfertigten) Mitteln abwendabr sein
    2. Unzumutbarkeit der Gefahrenhinnahme Der Täter muss die Gefahr hinnehmen, wenn er
      1. Die gefahr selber schuf (Verursacherprinzp)
      2. In einem besonderen rechtlichen Verhältnis zur Allgemeinheit steht (zb Polizist, Feuerwehrmann, Soldat)

  3. Subjektives RF-Element
    Zu bejahen, wenn: Gefahrabwendungswille + Kenntnis der Notstandslage

C) A.L.I.C. (Actio libera in causa)

1. Die Grundstruktur

2. Die wichtigsten drei Modelle

  1. Ausnahmemodell

  2. Ausdehnungsmodell

  3. Tatbestandsmodell (h.M.)

D) Irrtumslehre

I. Erlaubnistatbestandsirrtum (ETBI)

  1. Allgemeines:

  2. Theorien zur Rechtsfolge
      • Unrechtsbewusstsein ist Teil des Vorsatzes; fehlt es daran, handelt der Täter maximal fahrlässig
      • Kritik: seit der Einführung des §17 nicht mehr mit dem Gesetzt vereinbar
      • → nicht mehr Vertretbar

      • Rechtfertigungsgründe sind teil eines großen "Gesamtunrechtstatbestandes"; irrt sich der Täter darüber, dann greift unmittelabr §16 StGB
      • Kritik: Strafbarkeitslücken bei Tatteilnehmern und Unvereinbarkeit mit dem dreistufigen Deliktsaufbau

      • Behandlung ausnahmslos nach §17 StGB; Schuld und damit Strafbarkeit entfällt nur, wenn Irrtum unvermeidbar war
      • Kritik: ungerechte Ergebnisse, da keine Unterscheidung zwischen Tatsachen- und Rechtsiirtümern gemacht wird

    1. umstrittene Aufteilung in:
        • Tatumstandsirrtum i.S. des §16 ist gleichwertig (qualitativ) mit dem ETBI
        • Tatbestandsvorsatz entfällt nicht i.e.S., jedoch der Handlungsunwert und somit auch Vorsatzunrecht
        • → §16 I 1 ist analog anzuwenden
        • Kritik: Strafbarkeitslücken bei Teilnahme
        • Vertreten durch: BGH
        • Rechtsfolge des §16 wird auf Schuld angewandt
        • Vorsatz entfällt dadurch nicht, jedoch die Schuld bezüglich des Vorsatzes
        • → nur Rechtsfolge des §16 I 1 StGB auf Schuld anwendbar
        • Kritik: Kategorie der "Vorsatzschuld" ist eine ad hoc-Schöpfung
        • Vertreten durch: Herrschende Lehre

II. Erlaubnisirrtum

III. Entschuldigungstatbestand

IV. Entschuldigungsirrtum

V. Wahndelikt